TEMMIS - Treppenhaus
Im Kosmos TEMMIS scheinen die guten Nachrichten in diesen Tagen kein Ende nehmen zu wollen. Auf die im September erschienene EP LOVE Extended ließ das Tübinger Viergespann keine zwei Wochen später die bissig-fordernde Single Superhot und damit den Vorboten des nächsten Großprojekts folgen. Mit Tageslicht fall auf mich platzte die zweite TEMMIS-EP binnen eines Monats in die deutsche Indiepop-Landschaft. Sie präsentiert die Band in angestammtem Gewand und neuem Licht, steht in vielerlei Hinsicht in einem Yin-und-Yang-artigen Verhältnis zur Schlechte-Nacht-Geschichte LOVE. Im direkten Kontrast zu seinem düster-poetischen Vorläufer spielt das skeptisch-preschende Tageslicht fall auf mich in grellweißer Kulisse. Schien die Sicht in Richtung Planet Hoffnung zuletzt umfassend von Larmoyanz, Pessimismus und traurig-tanzbaren Sound-Gebäuden versperrt, bricht der Himmel nun ein gutes Stück auf. Grau ist er immer noch - aber plötzlich ist da Zuversicht, ist da Mut zur Wut und zur selbstgewissen Lücke, ist da Empowerment im sonst so brüchig-apathischen Gesang, ist da diese hartnäckige Morgensonne.
Wenn TEMMIS das Wort ergreifen, werden Finger in Wunden gelegt, Angstattacken vertont und Fragilitäten ausgebreitet. Dann werden Träume begraben, dann fallen Sätze à la »Ich muss hier raus, nehm’ ich die Stufen oder spring’ ich einfach runter und schlag’ auf« - das war bisher immer so, das ist auch diesmal so. Tageslicht fall auf mich erzählt in vier Akten von den toxischen Stolperfallen der Moderne, von psychosomatischen und realen Schmerzen, von Selbstzweifeln und trüber Phantasie - aber eben mit positiven oder mindestens kämpferischen Plots Marke »Glaub’ an niemand’, nur an dich«.
Alle vier EP-Titel können als für TEMMIS-Verhältnisse laute Appelle verstanden werden - gegen den Reflex zur Schwarzmalerei und für die Rückkehr zum Selbst. Tageslicht fall auf mich begegnet der Hoffnungslosigkeit mit Ungehorsam und rät zur Lebensbejahung - auf lyrischer, aber auch auf musikalischer Ebene.
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