Kettcar – München
Sie überrennt dich erstmal, die Wucht dieses Stücks. Adrenalin. Das ist kein simples Hallowach, das hier ist ein Alarmstart. Kettcar sind zurück: „Mein Herz ist ein totgeschlagenes Robbenbaby“ sprechsingt Marcus Wiebusch in München und die Zeichen, sie stehen auf Sturm.
Das Musikvideo zum Song wurde von Mario Möller und David Rankenhohn an NSU-Tatorten in Dortmund, Kassel, Nürnberg, München, Hamburg und Rostock gedreht.
München ist kein gefälliger Indierocksong für Zwischendurch, Text und Musik sind so brisant, vermitteln den Eindruck, als könnten sie der unmittelbare Aufschrei auf die Enthüllungen um eine allzu einflussreiche Rechtspartei sein, die sich bereits Pläne zu „Remigration“ zusammenfabuliert – und damit nichts anderes als Deportation meint.
In München geht es um unlöschbar schwelende Diskriminierungserfahrungen, darum, wie es ist, immer der*die Andere zu sein, bestenfalls ein Add-On zur Mehrheitsgesellschaft. Es geht darum, wie der „positive Rassismus“ des „Darf ich mal dein schönes schwarzes Haar anfassen?“, nahtlos in Alltagsrassismus übergeht. Selbst der Geburtsort München-Harlaching, ein deutscher Pass schützen nicht vor dieser einen Frage, die der Refrain zitiert: „Wo bist du eigentlich hergekommen?“
Dieses Stück ist die Kettcar-Version von „Eure Heimat ist unser Alptraum“, dem großartigen Sammelband von Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah, der den bundesrepublikanischen Alltag aus migrantischer Perspektive betrachtet.
Kettcars Powerchord-Haltung war vielleicht noch nie so kostbar, sie besitzt gleichsam etwas Tröstliches wie Kämpferisches. Man ist nicht allein mit seiner Verzweiflung und man lässt auch die Anderen nicht allein. Der Text könnte dabei genauso auf Hamburg-Eppendorf verweisen, oder Köln-Holweide oder fucking Hannover.
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