Der (vermutlich) größte Waschsalon der Welt - Was is hier eigentlich los

Der (vermutlich) größte Waschsalon der Welt

Der (vermutlich) größte Waschsalon der Welt | Menschen | Was is hier eigentlich los?

Waschsalons haben eine ganz eigene Magie auf mich. Ich war noch nie in einem, weil ich bisher immer das Glück hatte, dass mindestens eine frei zugängliche Waschmaschine dort war, wo ich jeweils wohnte, den Großteil meines Lebens kam ich sogar in den Genuss, dass die meiste Zeit jemand für mich die Wäsche gewaschen hat. Was nicht heißt, dass ich es nicht auch selber kann, aber wir alle wissen natürlich, dass das schon sehr angenehm ist, wenn einem diese Arbeit abgenommen wird (was aber auch dazu führt, dass ich immer wieder vergesse, welches Fach für welches Waschmittel nun tatsächlich ist).

Waschen ist auch eher so eine Tätigkeit, die einfach nebenbei läuft. Maschine voll machen, Waschmittel rein, das Ding anstellen und dann irgendwas anderes machen. Das funktioniert bei Waschsalons nicht.

Da gehst du halt hin, machst den gleichen Kram, wartest dann aber, bis die Maschine fertig ist. Als ob es nicht schon reicht, dass man seine Dreckwäsche erst dahin schleppen muss, nur um sie dann später wieder nach Hause zu schleppen. Und doch fahr ich ab und an an Waschsalons vorbei, was heißt, dass es dafür durchaus noch Bedarf gibt. Ich bin da ehrlich: Ich kann mir nicht viel vorstellen, dass noch sinnfreier ist, als die Zeit mit Warten auf die Wäsche zu verbringen …

In Illinois gibt es scheinbar den größten Waschsalon der Welt, geführt von Tom Benson. Klassischer Arbeitersohn, der irgendwann dick Kohle gemacht hat und jetzt ein bisschen wie der Held von Berwyn daher kommt, gleichzeitig seinen Arbeitern dennoch lediglich 11 Dollar die Stunde zahlt …

Der Waschsalon von Berwyn ist der größte der Welt. Auf 1.300 Quadratmetern laufen die Maschinen ununterbrochen, Tag und Nacht. In diesem vor allem von Hispanics bewohnten sozial benachteiligten Wohngebiet nahe Chicago ist der Salon wie ein Dorf. Zwischen gewaschener und gefalteter Wäsche wird gegessen, getanzt, werden Hausaufgaben gemacht.

In Berwyn steht der größte Waschsalon der Welt. Er ist ein Abbild für die USA von heute, für das Leben der genügsamen Mehrheit, fernab von Hollywoodträumereien, New Yorker Geschäftigkeit und endlosen Weiten. In dem Waschsalon wird der Traum eines Landes, das die Ungleichheit überwinden kann, für einen Moment Wirklichkeit. Hier trifft der prekäre Alltag der Latina, die im lokalen Fast-Food-Imbiss bedient, auf den der Angestellten in der Wäscherei. Beide sind auf ihren Stundenlohn von elf Dollar angewiesen. Es ist die reine Misere, so rein wie die Wäsche. Tom Benson ist der Chef, um ihn dreht sich alles. Er verkörpert den American Dream auf seine Art. Als Arbeitersohn schlug er eine Behaglichkeit und Langeweile versprechende Beamtenlaufbahn ein, machte schließlich ein Vermögen und wurde eine namhafte, respektierte Persönlichkeit in dem Chicagoer Vorort. Als Kind von Berwyn wurde er zu einem seiner Helden. Tom ist ein großzügiger Mensch, doch vor allem ist er ein gerissener Geschäftsmann. Er gibt freimütig zu, dass die Pizzas, die Donuts, die Bücher und die Spenden vor allem gut für das Geschäft sind, weil er dadurch Kundschaft aus dem Viertel gewinnt. Seit beinahe 20 Jahren hält er damit eine Klientel, in der Freizeit ein kostbares Gut ist und oft jeder Cent zählt. Die Angestellten spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Sie sind rund 20 an der Zahl, die meisten von ihnen sind Frauen. Sie sorgen rund um die Uhr in drei Schichten für einen reibungslosen Betrieb des Waschsalons. Ihre Kundinnen und Kunden stammen aus ihrer Nachbarschaft aus denselben heruntergekommenen Häusern, sie leben dasselbe einfache Leben. Die meisten von ihnen kamen als Teenager illegal aus Mexiko in die USA, verbrachten Jahrzehnte in dem Land, dessen Sprache sie kaum sprechen, dessen Kultur sie kaum kennen. Es ist das Unglück ihres Exils: Sie kommen nicht aus ihrer Community heraus und sehen sich gezwungen, in schlecht bezahlten Jobs zu arbeiten. Doch mit Trauer und Stolz in der Stimme erklären sie, dass sie sich aufopfern, um ihren Kindern die Möglichkeit zu geben, einmal den amerikanischen Traum zu leben.

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Auf der einen Seite mag ich solche Dokus. Auf der anderen Seite … mit einem guten Gefühl geht man da nicht raus …

Über Martin

Technikbegeistert und immer auf der Suche nach spannenden, beeindruckenden und/oder lustigen Themen schreibt Martin neben seinem Hauptberuf täglich mehrere Artikel für wihel.de. Oder wie er es beschreibt: Andere teilen ihre Internetperlen lediglich mit ihren Freunden, wir teilen Sie mit allen, die es interessiert.

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