Gedanken-Tüdelüt (22): Komische Blogger sind komisch - Was is hier eigentlich los

Gedanken-Tüdelüt (22): Komische Blogger sind komisch

Gedanken-Tüdelüt (22): Komische Blogger sind komisch | Kolumne | Was is hier eigentlich los?
© Gustavo Frazao/Bigstockphoto.com

Für alles gibt es offenbar ein erstes Mal und für mich in der vergangen (und ein bisschen in dieser) Woche sogar gleich zwei Mal. Line hatte es bereits in der Wochenzusammenfassung ein wenig ausführlicher als sonst erzählt: wir waren von Freitag auf Samstag in Cloppenburg – einem der stärksten Wirtschaftsräume in diesem Land, was man so vielleicht nicht wusste und dann doch sehr überrascht, wenn man mal durch Cloppenburg fährt. Und dort erlebte ich das erste Mal diese Art von Bloggern, von denen ich bisher nur gelesen, aber noch nie in freier Wildbahn erlebt hab.

Das war sogar so einprägsam, dass ich es mir extra – und das auch zum ersten Mal – für diese kleine Kolumne in mein wunderbares Notizbuch aufgeschrieben hab, so richtig offline auf Totholz. Das sollte man sowieso viel öfter tun, Dinge auf die altmodische Weise aufschreiben. Nicht einfach ins iPhone in irgendwelche (Notiz)Apps, sondern ganz klassisch mit einem Stift auf einen Zettel Papier. Back to the roots quasi.

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Nun aber zum eigentlichen Thema, in das ich wahrscheinlich auch einfach zu viel reininterpretiere, aber es gab da eine Begegnung eines Bloggers mit irgendeinem Mädchen. Um ehrlich zu sein nicht besonders hübsch, von der Wirkung her auch nicht sonderlich hell, dafür aber angeklebte Wimpern mit einem Schätzgewicht von gut zwei Kilo. Keine Ahnung, wie man sowas schön finden kann bei der ganz offensichtlichen Künstlichkeit, aber es fiel tatsächlich auch schwer, nicht da hin zu starren – sofern dass das Ziel war, alles richtiggemacht.

Wie das mit Gesprächen so ist, bei denen man nur nebenbei steht, weil man eigentlich auf etwas Anderes wartet – man versteh nur die Hälfte, aber ganz offensichtlich ging es um die eigene soziale Reichweite auf Instagram. Und da fallen dann eben Sätze wie “Du musst unbedingt mehr Bilder machen”, “Fahr doch mal auf die Malediven”, “Da wirste richtig groß”, “Sprich doch mal den und den an” usw.

Klingt nicht wild, ich hab aber eben mal geschaut: ein Flug von Hamburg zu den Malediven kostet mal eben um die 800€. Für Bilder auf Instagram. Und da ist der Rückflug noch nicht mal inbegriffen. Ehrlich? Vielleicht hab ich dieses “Business” auch einfach nicht verstanden, aber geht es wirklich nur noch darum, die meisten Likes und Follower bekommen zu müssen? Sich vor irgendwelchen (ehrlicherweise sehr schönen) Kulissen zu präsentieren und ein Leben zu inszenieren, dass fernab von jeglicher Realität ist? Mal eben einen knappen Düsi zu verbrennen für ein paar tolle Bilder – die man aber nicht gemacht hat, um sich an den Urlaub zu erinnern, sondern für ein bisschen Internetzfame?

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Der zweite Augenblick, der mich zweifeln lies war anschließend der, dass ein “Kollege” wohl einen Leihwagen bekommen hat. War einfach günstiger als erst den nächsten Flughafen anzusteuern und dann noch mit dem Flieger die halbe Strecke zurück nach Hause fliegen zu müssen. Soweit, so nachvollziehbar – allerdings war der Leihwagen dann eben nicht das gewohnte Kaliber, dass man wohl sonst zur Verfügung gestellt bekommen hat. War halt kein Benz, kein BMW, sondern ein Renault, dafür aber ein aus meiner Sicht recht okayer.

Wir fahren auch Renault, allerdings einen Kleinwagen von 2012 – kein technischer Schnickschnack, 160 mit Rückenwind maximal, aber er verrichtet seinen Job sehr ordentlich. Er hat dennoch keine Chance gegen diesen Leihwagen gehabt, was grundsätzlich aber auch nicht schlimm ist.

Dennoch haben diese zwei Sätzen mich zwar nicht ins Grübeln gebracht, aber dennoch ein wenig zweifeln lassen. Diese Jagd nach immer mehr Likes, nach immer mehr Followern und vor allem nach immer mehr Fame – das ist nicht meine Welt. Natürlich freu ich mich, wenn anderen die Sachen gefallen, die hier fabriziert werden, wenn dieses Gefallen durch Klicks auf irgendwelche Buttons auch zum Ausdruck gebracht wird und so manch einer dann auch den drückt, der ihm mehr von dem Mist in seine Newsfeeds und sonstigen Streams spült. Kommt dann dabei noch ein Kommentar rum, kann der Tag kaum schöner sein.

Aber mach ich das alles hier und darüber hinaus nur dafür, dass die Zahlen immer weiter anwachsen? Ehrlicherweise nicht. Das alles passiert, weil ich – und auch Line – einfach Spaß daran haben. Weil wir Dinge finden, die wir mit anderen Teilen wollen, als sie nur für uns zu behalten. Weil wir manche Sachen auch einfach ausprobieren und darüber sprechen wollen. Und mittlerweile auch einfach, weil wir unterhalten wollen bei all dem Mist, den es sonst so im Internet zu finden gibt und dem man immer schlechter aus dem Weg gehen kann.

Ein ganz wunderbares Beispiel ist hier die Win-Compilation von Maik und mir. Fail-Compilations gibt es mittlerweile wie Sand am Meer und natürlich war auch ich ein großer Fan davon. Die Reihe aus Holland hab ich anfangs gern aufgegriffen – aber auch hier ging es irgendwann nur noch darum, die letzte Ausgabe toppen zu müssen. Immer mehr Fails, immer größere Fails, immer gefährlichere Fails. Logisch, dass da eine gewisse Grenze des Guten schnell erreicht und überschritten ist. Win-Compilations? Suchte man vergebens und wenn, waren sie gespickt von uralten Videos, die man schon zu Hauf gesehen hat.

Der logische Schritt: einfach selbst eine machen und dann auch so, wie man sie sich selbst eigentlich wünscht. Natürlich macht das auch Arbeit, aber jede einzelne Ausgabe hat sich im Endeffekt gelohnt. Logisch, dass auch wir uns davon erhoffen, dass ein paar Leute die sehen wollen und wir uns über die ganzen Likes und Kommentare auf Youtube freuen – aber mittlerweile haben wir uns auch damit abgefunden, dass die Dinger nicht durch die Decke gehen (müssen). So frustrierend es auch war, ich bin froh darüber, dass wir es inzwischen einfach machen, weil es Spaß macht, das Netz vielleicht auch ein bisschen schöner und wir einfach etwas Gutes auf die Beine stellen.

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Genauso finde ich das Thema Dankbarkeit sehr schade. Um es mal nüchtern zu betrachten: wir sind nach Cloppenburg gefahren, wurden von einem Sternekoch bekochtgrillt, haben in einem überraschend fantastischen Hotel genächtigt (schade, dass man sowas immer nur so kurz erleben kann) und wurden anschließend den ganzen Tag betüdelt und behudelt. Haben Einblicke bekommen, die wohl die Wenigsten in ihrem Leben bekommen können, konnten Fahrräder mal eben im Wert von einem Kleinwagen testen (tatsächlich kostet so ein Fahrrad mehr als ich für unser Auto auf den Tisch gelegt hab) und das alles für lau. Manch einer bekommt sogar noch einen Leihwagen gestellt. Das alles mal in Geld umgerechnet, dürfte ein ordentlicher Betrag zusammen kommen – dafür einfach nur Dankbarkeit zu zeigen und – je nach Möglichkeit – etwas zurück zu geben, scheint mir das Mindeste.

Natürlich wünscht man sich, dass die jahrelange Arbeit, die man in so eine Seite oder von mir aus auch in einen Instagram-Kanal oder irgendeine Facebook-Seite gesteckt wird, sich irgendwann auszahlt. Aber verdammt, ein Anrecht darauf gibt es nicht. Niemand von uns hat im Vorfeld irgendetwas verdient und man muss auch ehrlich mal sagen: wer sind wir denn, dass wir etwas fordern? Blogs und all der Kram haben sicherlich einen Stellenwert, aber wir alle sind keine Bild (okay, wollen wir hoffentlich auch alle nicht sein), kein Spiegel, kein Stern, kein ProSieben, kein RTL – ja nicht mal ARD und ZDF. In der großen, weiten Medienlandschaft sind wir tatsächlich nur recht kleine Lichter. Zwar teilweise sehr schöne und manch einer sogar sehr sympathische Lichter, aber eben dann doch recht klein.

Was ich damit sagen will

Bleibt doch alle mal auf dem Boden und seid dankbar. Es spielt doch am Ende des Tages, der Woche, des Monats oder des Jahres gar keine Rolle, ob euern Kram nun Tausende oder nur ein paar Hundert gut finden. Irgendwer wird sich immer finden, der eure Sachen toll findet und dafür hat es doch schon gelohnt oder? Und selbst wenn ihr es nur für euch macht – dann macht es nur für euch. So abgedroschen es klingen mag, aber der Weg ist hier das Ziel und nichts Anderes.

Und wenn ihr dann eingeladen werdet, irgendwas zugeschickt bekommt oder euch sonst irgendetwas in den Schoß fällt – seid dankbar. Niemand von uns hat ein Anrecht auf Einladungen, auf Goodies oder Sonstiges.

Zu guter Letzt sei allerdings auch gesagt

Bei aller Demut – lasst euch nicht über den Tisch ziehen. Ungekennzeichnete Werbung, dofollow-Links und 1.000-Wörter-Postings für 20€ helfen niemandem weiter, schon gar nicht euch selbst.

Macht doch am besten einfach das, worauf ihr Bock habt und was Spaß bringt. Alles, was darüber hinaus kommt, sind Geschenke und Möglichkeiten, die man dankbar mitnehmen kann. Aber um Gottes Willen, verliert nicht die Realität aus den Augen und lasst mir bloß diese Jagd nach immer größeren Zahlen. Denn je höher es geht, umso tiefer geht es auch wieder runter. Oder wie der kluge PR-Mensch sagen würde: Einfach mal auf Augenhöhe begegnen. Und das dann bitte auch ehrlich.

Über Martin

Technikbegeistert und immer auf der Suche nach spannenden, beeindruckenden und/oder lustigen Themen schreibt Martin neben seinem Hauptberuf täglich mehrere Artikel für wihel.de. Oder wie er es beschreibt: Andere teilen ihre Internetperlen lediglich mit ihren Freunden, wir teilen Sie mit allen, die es interessiert.

10 Reaktionen

Kommentare

  1. Ganz deiner Meinung. Wobei man natürlich auch hier und da unterscheiden muss, was eben die Zielsetzungen angeht. Bei mir klingt das bestimmt auch bei vielen immer mal doof, wenn ich bei Einladungen genauer nachfrage, auch hinsichtlich möglicher Kooperationen, weil ich einfach keine 2×6 Stunden Anreise für eine Currywurst machen kann (selbst wenn ich wollte).
    Diese “Typ” Blogger, den du genannt hast, habe ich zum Glück erst ein, zwei Mal erlebt. Aber ich habe erschreckend oft von Agenturmenschen Erzählungen gehört, bei denen ich mich gewundert habe, was manche meinen, sich herausnehmen zu können (und noch mehr über Agenturen/Kunden, die das aufgrund der Zahlengeilheit auch noch mitgehen… :/ ).

    1. Hehe, das fiel mir dann auch im Verlauf des Schreibens ein ;) Klar, es muss einfach für beide Seiten passen, aber wenn man den ganzen Tag bespaßt wird, Unterkunft bekommt und vielleicht sogar noch Reisekosten übernommen werden, dann gibt es eigentlich nicht viel zu mosern (außer die Unterkunft ist nun echt das letzte Drecksloch).

      Ich kam mir an dem Wochenende schon schlecht vor, als ich nach ‘nem Pulli (in meiner Größe) gefragt hab. Letztendlich seh ich es einfach so, dass man eingeladen wird und sich dann auch einfach entsprechend benimmt. Wenn man von Freunden eingeladen wird, taucht man ja auch nicht auf und verteilt erstmal Wunschlisten und Anspruchsvorgaben.

      Du sprichst aber auch den anderen Knackpunkt an: solange dieses Verhalten toleriert wird, ändert sich nicht viel. Schade eigentlich, aber am Ende bleibt nur zu hoffen, dass sich irgendwann die coolen Leute, die fair und partnerschaftlich was zusammen machen, durchsetzen. Oder wir finden uns einfach mit dem Mist ab …

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