Friedemann Weise – Kaffeemann
“Du kannst alles machen”, sagte eine weise Frau einmal zu Friedemann Weise. So banal dieser Satz für viele klingen mag – in der Unterhaltungsbranche gilt er tatsächlich für sehr wenige. Die meisten KünstlerInnen sind so formatiert, dass sie eben nicht alles machen dürfen oder wollen, auch wenn sie es könnten. Früher hat sich Friedemann Weise oft Gedanken darüber gemacht, ob er sich mal entscheiden muss, aber inzwischen hat er gemerkt: Er kann gar nicht anders, als alles (selbst) zu machen.
An guten Tagen schreibt er morgens einen Oneliner auf Twitter, dann einen Bilderwitz auf Insta, teilt ein kleines Video auf Facebook oder er verkauft einen Song ans Fernsehen. Am nächsten Tag tritt er auch schon wieder in der Green Box der „heute Show“ für ein Millionenpublikum vor die Kamera. Ganzjährig spielt er mit Mikrofon, Gitarre und Beamer seine Soloprogramme auf den Kleinkunstbühnen des Landes. Jetzt ist er – acht Jahre nach seinem letzten Album – zusammen mit dem jungen Produzenten Nicolas Epe (u. a. The Screenshots) ins Studio gegangen um Das Weise Album aufzunehmen.
Auch hier darf Friedemann Weise alles. Ob knarziger Politsong über späte Rechte, einen schmissigen Beat-Song über einen Angeber-Barista oder eine traurige Psychostudie eines übersehenen Dichters. Von der 80s-Synth-Pop-Ballade zu einem sanften Folktune über toxische Männlichkeit bis zum geheimnisvollen New-Orleans-Indie-Fragment gleich zu Beginn.
Friedemann Weise schafft es, als Songwriter diese Kirmes der Eindrücke mit seinen liebevollen Antifolk-Arrangements in ein humorvolles Popalbum zu verwandeln. Um noch ein paar Farbtupfer auf die Leinwand der Freude zu bringen, lud er befreundete und begnadete Musiker wie Albrecht Schrader, Björn Sonnenberg und Christopher Martin ein. Cousin Ben schaute mit dem Cello vorbei und das mehrfach preisgekrönte Liedermacherduo Simon und Jan spielte gleich das ganze Backing für den “Twitter-Song” ein.
Das Weise Album ist eine Platte für alle, die The Beatles auch für ihren Humor schätzen. Und Monty Python für ihre Songs. Für Menschen, die in Comics große Kunst sehen und die wissen, dass auch auf Twitter Literatur entsteht. Und bei einem Weise-Konzert können sich alle zusammen darauf verlassen, dass die Ansagen und Song-Überleitungen ein genauso großes Vergnügen sind, wie die Lieder selbst.
Mit diesem Album zeigt sich der „King Of Understatement“ als veritabler Geschichtenerzähler für alle Binge-Watcher und Social-Media-Junkies. Seine Songs aber wegen ihrer witzigen Pointen ins Comedy-Fach zu stecken wäre sicher falsch. Wer Friedemann Weise allerdings in der Comedy-Welt kennen und lieben gelernt hat, wird auch Das Weise Album lieben. Für den Rest gibt es endlich wieder witzigen Pop mit Gitarren zu entdecken.
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