Gedanken-Tüdelüt (26): Warum der Amazon-Dash-Button dann doch ziemlicher Quatsch ist
Seit gut einer Woche ist der amazon Dash-Button nun auch in Deutschland erhältlich und wie sich das für neuen Spielkram gehört: alle stürzen sich wie die Geier darauf, um die News rauszuhauen. Wenn man so will, ein Paradebeispiel an Hype, denn genauso schnell wie die große Aufmerksamkeit kam, war sie auch schon wieder verflogen.
Was ist der Dash-Button?
Der Name sagt es schon: der Dash-Button ist ein Knopf, mit dem jeder, der ihn eingerichtet hat, das Produkt seiner Wahl per Knopfdruck bestellen kann. Ähnliches hab ich schon im letzten Jahr von Gillette testen dürfen, hat nur leider nicht funktioniert. Schade, denn wenn es darum geht, das Einkaufserlebnis von uns allen zu vereinfachen, sind frische Ideen natürlich willkommen. Denn die Shop-Betreiber wissen auch: je komplizierter der Kaufvorgang, umso weniger Leute kaufen. Bestes Beispiel sind hier die üblichen Fragen, die man bei Registrierung und Co. angeben muss. Was am Rechner “schnell” erledigt ist, hat mich auf dem Smartphone schon mehrfach davon abgehalten, Geld auszugeben.
Kann ich mit dem Dash-Button alles kaufen, was ich will?
Soweit ich das überblicke – denn ich hab mir keine gekauft – ist das durchaus möglich, aber hier sind wir bereits beim ersten Kritikpunkt: pro Button funktioniert nur ein Produkt. Denn das gebt ihr bei der Einrichtung fest an. Hier hat die Einfachheit direkt ihre erste Schattenseite. Denn natürlich ist der Bestellvorgang mit “drück den Knopf und du bist fertig” zwar extrem einfach und auch schnell, aber eben auch unflexibel in der Produktauswahl.
(Unsicher bin ich gerade, was die Verknüpfung der Produkte mit dem jeweiligen, gebrandeten Dash-Button betrifft. Sofern hier Branding und Produkt direkt zusammenhängen, ist es noch mal eine weitere Einschränkung, die wahrscheinlich nicht nur mich stört)
Nun kann man sich natürlich mit Dash-Buttons die Wohnung zukleistern und für all seine Produkte einen eigenen Dash-Button an die Wand schmeißen, sonderlich stilvoll dürfte das mit zunehmender Anzahl aber nicht werden. Dazu kostet jeder Dash-Button zunächst 4,99€, die man zwar als Rabatt für den ersten Kauf erstattet bekommt – eine Vorauszahlung ist es dennoch (oder wenn man so will, ein kostenloser Kredit an amazon).
Und diese Inflexibilität stört nicht nur bei der Produktauswahl, sondern auch beim Preis. Denn wie der aktuell ist, sieht man logischerweise über den Button aufgrund eines fehlenden Displays oder anderweitiger Informationsweitergabe nicht. Natürlich kann man alles so konfigurieren, dass man eine Meldung auf dem Smartphone bekommt und kann so zum Beispiel auch den Kaufvorgang noch abbrechen – aber wenn ich das Smartphone schon mal in der Hand habe, kann ich auch direkt darüber bestellen. Dank 1-Click-Bestellung von amazon sogar unfassbar schnell.
Gerade Amazon ist dafür bekannt, dass die Preise teilweise von Tag zu Tag, wenn nicht sogar von Stunde zu Stunde, schwanken können – die fehlende Transparenz hier ist meiner Meinung nach der größte Kritikpunkt.
Ein weiterer Kritikpunkt, der allerdings nur optional zum Tragen kommt: lässt man sich dazu hinreißen, doch ein paar mehr Dash-Buttons zu kaufen, empfiehlt Amazon die Speicherung des W-Lan-Passworts auf den Amazon-Servern, damit man nicht jeden Button manuell ins eigene Netzwerk einbinden muss. Ich drück es mal so aus: hahahahahahahahahahaha, W-Lan-Passwort auf ‘nem fremden Server speichern. Hackt's? Bei aller Bequemlichkeit, die man haben kann, macht es nicht. Niemals. Nie! Und wenn doch, dann gebt direkt eure Online-Banking-Zugangsdaten mit dazu.
Auch die Verbraucherzentrale NRW findet den Dash-Button alles andere als geil und gibt noch folgende Kritikpunkte mit auf den Weg:
- Im Online-Handel müssen Kauf-Buttons eindeutig bezeichnet sein
- Starke Bindung an Produkte und Amazon
- Prime-Mitgliedschaft ist Pflicht, auch die Buttons kosten
- Amazon verknüpft auch intelligente Geräte mit dem Programm
- Amazon-App ist sehr datenhungrig
- Amazon kann genauere Daten übers Kaufverhalten sammeln
Punkte, die natürlich durchaus relevant sind, mich aber nicht sehr stark tangieren. Eine direkte Kennzeichnung ist natürlich wunderbar, aber der Dash-Button ist eigentlich klar für einen Kauf angeschafft worden.
Die starke Bindung ergibt sich durch das Produkt selbst und ist ebenfalls nur logisch. Ein Produkt pro Button, alles über Amazon … da kann man sich genauso gut darüber beschweren, dass die Rechtschreibung an stark an den Duden gekoppelt ist.
Die Pflicht der Prime-Mitgliedschaft kann für manch einen stark ins Gewicht fallen, hier im Haus ist sie aber allein schon durch Amazon Video mit an Bord und hat mir bisher auch noch keine Nachteile gebracht, zumal der Preis ziemlich in Ordnung ist.
Die Verknüpfung von intelligenten Geräten ist, genau wie der Dash-Button selbst, Fluch und Segen zugleich. Natürlich ist es toll, wenn die Geschirrspülmaschine automatisch neue Tabs bestellen kann – aber weiß die Maschine auch, welche Tabs ich haben will und zu welchem Preis?
Der Datenhunger und auch die Infos zum Kaufverhalten selbst sind sowieso immer ein Thema, das trifft genauso auf Facebook, Google und sonstige Dienste zu. Hier kann man sich totdiskutieren und muss für sich selbst abwägen, ob einem das wichtig ist oder nicht. Die Lösung ist aber recht einfach: Dienst nicht nutzen.
Wofür ist denn dann der Dash-Button gedacht?
Auf jeden Fall nicht für mich. Die Zielgruppe definiert sich aber wahrscheinlich so: Menschen, denen der Preis in erster Linie egal ist und die sowieso immer das gleiche Produkt kaufen. Menschen, die darauf vertrauen, dass Amazon sowieso immer einen guten Preis hat und die auch nichts von anderen – ob nun günstigere oder bessere – Produkten wissen wollen. Das klingt nun negativer als es ist, aber es gibt eben einfach Leute, die immer das Gleiche Produkt kaufen, weil sie es einfach gut finden und es ihnen egal ist, ob sie mit einem anderen, vielleicht sogar gleichwertigen, Produkt sparen können. Es sind aber auch Menschen, die sich nicht lange mit der Produkt- und Preisvielfalt aufhalten wollen, weil sie vielleicht etwas Besseres mit ihrer Zeit vorhaben. Oder weil sie faul sind.
Am Ende darf und muss natürlich jeder selbst entscheiden, ob er sich einen oder mehrere Buttons zulegt. Bei uns im Haushalt gibt es aber im Moment kein Szenario, dass die Nachteile vergessen lässt. Vielleicht aber auch nur, weil wir einfach nichts regelmäßig über Amazon bestellen.
Insofern eine nette Idee, aber leider auch nicht mehr.
[Bilder via Amazon]
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